Warum verlieren starke Marken plötzlich an Wirkung? Verstehen Sie die Psychologie der Marken.

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Vom Waschmittel aus der Kindheit bis Coca-Cola: Die unbewussten Tricks, die Marken unwiderstehlich machen

Stellen Sie sich vor: Eine Marke, die Jahrzehnte lang vertraut und erfolgreich war, verliert plötzlich an Wirkung – obwohl Produkte, Budgets und Kampagnen stärker sind denn je. Wie ist das möglich?
Oft liegt es nicht an der Qualität der Produkte, sondern dass in der Marketingstrategie ein entscheidender Faktor übersehen wird: Die psychologischen Wirkung von Marken im Verstand der Zielgruppe. Genau diese unbewusste Markenpsychologie entscheidet, ob Produkte langfristig erfolgreich bleiben oder ins Hintertreffen geraten. 

Der Begriff Marke leitet sich von „Markierung“ ab. Im Englischen steht „Branding“ für das Einbrennen von Symbolen, Farben, Begriffen oder Bildern in den Verstand der Zielgruppe. Diese Markierungen entstehen durch Wiederholung über lange Zeiträume und prägen Wahrnehmung, Vertrauen und Kaufentscheidungen nachhaltig – unabhängig von rationalen Produktargumenten.

Markenverankerung im Verstand der Zielgruppe

Marken wirken nicht isoliert. Farben, Formen, Sprache und visuelle Codes werden mit Emotionen, Erinnerungen und Erfahrungen verknüpft. Vertrautheit erzeugt Sicherheit, Sicherheit erzeugt Kaufbereitschaft. Gerade in Krisenzeiten greifen Menschen bevorzugt auf bekannte Marken zurück – selbst dann, wenn objektiv vergleichbare Alternativen existieren. Ein klassisches Alltagsbeispiel verdeutlicht diesen Mechanismus: Wenn Sie als Kind über Jahre hinweg im Waschkeller ein bestimmtes Waschmittel gesehen haben – etwa mit weißer Schrift auf grünem Hintergrund – entsteht im Verstand eine klare Zuordnung. „Weiße Schrift auf Grün“ wird automatisch als Waschmittel gelesen. Wird dieses Produkt regelmäßig von der Mutter genutzt, kommt eine weitere Ebene hinzu: Mütter gelten im kindlichen Erleben als Instanz für Qualität und Sicherheit. Das Produkt wird damit nicht nur als funktional gut, sondern als vertraut, richtig und verlässlich abgespeichert.

Die emotionale Komponenten der Kaufentscheidung

Entscheidend ist dabei weniger das Produkt selbst als der emotionale Kontext. Kindheit wird nahezu immer als heimisch und sicher wahrgenommen. Diese emotionale Aufladung bleibt erhalten – oft ein Leben lang – und beeinflusst spätere Kaufentscheidungen, ohne dass uns dieser Zusammenhang bewusst ist. Auf solche frühen Markierungen setzen sich im Laufe der Zeit weitere Frames. Ein bekanntes Beispiel ist Coca-Cola. Die Marke ist eng mit bestimmten Weihnachtsbildern verknüpft: Farben, Musik, Bildwelten, Stimmungen. Diese erzeugen Wohlgefühl und emotionale Kongruenz. Besonders in den Wintermonaten steigt dadurch die Wahrscheinlichkeit, zu diesem Produkt zu greifen – vor allem in Regionen, in denen Kälte und Schnee diese Bilder zusätzlich bestätigen. Etablierte Unternehmen verfügen durch solche gewachsenen Markierungen über einen strukturellen Wettbewerbsvorteil. In der Praxis wird dieser jedoch häufig durch strategische Fehlentscheidungen im Rahmen von Reorganisationen, Rebrandings oder Transformationsprojekten geschwächt oder vollständig zerstört.

Beispiel 1: Etablierter Hersteller von Friseurprodukten

Ein etablierter Hersteller verliert Marktanteile. Nicht, weil die Marke an Wert verloren hätte, sondern weil sich der Marktplatz der Zielgruppe verschoben hat. Die Zielgruppe befindet sich heute primär auf Social Media und wird dort täglich mit Produkten aus der eigenen Nische konfrontiert. Die strategisch naheliegende Reaktion wäre gewesen, diesen Marktplatz konsequent zu besetzen und den persönlichen Kontakt über Vertrieb und Community-Aufbau zu intensivieren. Hinzu kommt ein strukturelles Defizit: Die Produkte richten sich überwiegend an Frauen, im Vertrieb sind jedoch kaum Frauen vertreten. Dabei können gerade sie Einwände, Vertrauen und Gemeinschaft besonders effektiv aufbauen, wenn Zielgruppe und Absender kongruent sind. 

Stattdessen entschied sich das Unternehmen für ein umfassendes Rebranding. Name, Logo und visuelle Identität wurden verändert. Ein stark diverses Team mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen davon, was „wirkt“, traf die Gestaltungsentscheidungen. Ohne fundierte Zielgruppenexpertise wurde aus persönlichem Geschmack heraus entschieden. Die Folge: Bestehende Kundinnen fühlten sich nicht mehr angesprochen. Die Marke verlor ihre Wiedererkennbarkeit – und damit Vertrauen.

Beispiel 2: Medienhaus mit Print-Fokus

Ein Medienhaus steht vor strukturellen Herausforderungen. Das Kerngeschäft basiert auf Print, eine konsistente digitale Strategie wurde über Jahre hinweg versäumt. Als Reaktion wird eine Kinderzeitschrift entwickelt. Diese erreicht jedoch nicht die Kinder selbst, sondern deren Großeltern – also jene, die das Hauptprodukt weiterhin abonnieren. Die Kinder-Ausgabe ist visuell und inhaltlich vollständig von der Muttermarke entkoppelt. Kinder, die mit dieser Zeitschrift aufwachsen, entwickeln keinerlei Bindung zur eigentlichen Marke.

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Warum Add-Ons zur Zielgruppe passen müssen

Parallel wurde für die Erwachsenenmarke des Medienprodukts ein Zusatzangebot geschaffen: Rabattierungen für Veranstaltungen und Einkäufe bei Abschluss eines Abonnements. Dieses Angebot richtet sich jedoch nicht an die Hauptleserschaft und bleibt für diese weitgehend irrelevant. Auch hier zeigt sich ein klassischer Fehler: Marketingentscheidungen werden aus interner Perspektive getroffen, mit dem Anspruch, möglichst viele Zielgruppen gleichzeitig abzuholen. In der Realität funktioniert das nicht. Gruppe A kauft Produkt B nicht, um Vorteil A zu erhalten, und Gruppe B kauft Produkt A nicht, um Vorteil B zu bekommen. Der Versuch, „alle“ anzusprechen, führt zu Relevanzverlust – insbesondere bei Marken mit klaren geschlechtsspezifischen oder kulturellen Prägungen.

Zentrale Fragen der Markenpsychologie im Konzernumfeld

Warum scheitert Markenentwicklung trotz hoher Budgets?

Weil Markenentwicklung häufig als gestalterisches oder organisatorisches Projekt verstanden wird – nicht als psychologischer Prozess. Budgets fließen in Rebranding, Kampagnen oder Agenturleistungen, ohne die bestehenden Markierungen im Verstand der Zielgruppe systematisch zu analysieren. Genau hier zeigt sich der Unterschied zwischen kurzfristiger Sichtbarkeit und nachhaltiger Markenverankerung: Das Waschmittel aus der Kindheit wird nicht wegen seines Logos erinnert, sondern wegen der über Jahre aufgebauten emotionalen Verknüpfung. Wird eine solche Verankerung durch radikale Veränderungen aufgelöst, verliert die Marke ihre vertraute Bedeutung – unabhängig von der Investitionshöhe.

Was bedeutet Markenverankerung aus psychologischer Sicht?

Markenverankerung beschreibt die dauerhafte mentale Verknüpfung einer Marke mit bestimmten Emotionen, Bedeutungen und Handlungsmustern. Sie entsteht durch Wiederholung, Konsistenz und Kontext. Das Waschmittel-Beispiel verdeutlicht diesen Mechanismus: Farbe, Schrift und Nutzungssituation werden über Jahre hinweg mit Sicherheit, Qualität und Verlässlichkeit verbunden. Diese Verankerung wirkt später automatisch – ohne bewusste Abwägung – und macht Marken in Krisenzeiten besonders stabil.

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"Zu verstehen, warum Menschen kaufen, und dieses Wissen konsequent in eine langfristige, durchdachte Marketingstrategie zu übersetzen, ist die eigentliche Meisterklasse. Wer die psychologischen Mechanismen von Markenetablierung und Kaufverhalten beherrscht, verschafft sich einen nachhaltigen Vorsprung im Wettbewerb."

Nina Bednarz (M.A.) - EP-Businessconsult

Warum sind radikale Rebrandings für etablierte Marken riskant?

Radikale Veränderungen lösen bestehende mentale Frames auf. Für langjährige Kundinnen und Kunden fühlt sich die Marke plötzlich fremd an. Das Gegenbeispiel liefert Coca-Cola: Die Marke verändert sich seit Jahrzehnten – aber innerhalb stabiler Frames. Farben, Bildwelten und insbesondere das Weihnachtsnarrativ bleiben konsistent. Diese Kontinuität sorgt dafür, dass Weiterentwicklung nicht als Bruch, sondern als Verlässlichkeit wahrgenommen wird.

Wie gelingt Markenentwicklung ohne Markenbruch?

Erfolgreiche Markenentwicklung folgt einem evolutionären Prinzip. Bestehende Farben, Formen, Sprachmuster und Werte werden behutsam angepasst, nicht ersetzt. Marken wie Coca-Cola zeigen, dass selbst globale Marken über Generationen hinweg anschlussfähig bleiben können, wenn Weiterentwicklung auf bestehenden Markierungen aufbaut statt sie zu überschreiben.

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Warum funktioniert der Ansatz „Wir wollen alle erreichen“ nicht?

Weil Markenbindung Relevanz voraussetzt. Unterschiedliche Zielgruppen reagieren unterschiedlich auf Sprache, Bildwelten und Angebote. Wird versucht, alle gleichzeitig anzusprechen, verliert die Marke ihr Profil. Besonders bei geschlechtsspezifischen oder kulturell geprägten Marken führt das zu systematischem Relevanzverlust.

Typische strategische Fehler in Konzernen

Marken wirken nicht isoliert. Farben, Formen, Sprache und visuelle Codes werden mit Emotionen, Erinnerungen und Erfahrungen verknüpft. Vertrautheit erzeugt Sicherheit, Sicherheit erzeugt Kaufbereitschaft. Gerade in Krisenzeiten greifen Menschen bevorzugt auf bekannte Marken zurück – selbst dann, wenn objektiv vergleichbare Alternativen existieren. 

Typische strategische Fehler in Konzernen

  • Rebranding ohne Zielgruppenlogik: Veränderungen werden aus Interessen intern getrieben, nicht aus Sicht der bestehenden Kundschaft.
  • Verlust der Marken-Kongruenz: Neue Produkte oder digitale Angebote schließen nicht an bestehende Markenframes an.
  • Überdiversifizierung der Botschaften: Unterschiedliche Zielgruppen werden mit derselben Kommunikation adressiert.
  • Verwechslung von Modernisierung und Austauschbarkeit: Wiedererkennbarkeit wird zugunsten vermeintlicher Zeitgemäßheit aufgegeben.

Markenentwicklung und digitale Transformation ohne Markenbruch

Für etablierte Marken besteht die Aufgabe nicht darin, ihre Identität neu zu erfinden, sondern sie konsistent in die digitale Welt zu übertragen. Erfolgreiche digitale Markenstrategien bauen auf bestehenden Markierungen auf, erhöhen die Sichtbarkeit und schaffen Anschlussfähigkeit für neue Generationen – ohne die Kernzielgruppe zu entfremden. Nicht jede als „altbacken“ wahrgenommene Marke verkauft sich schlecht. Häufig ist das Gegenteil der Fall. Anpassungen sollten evolutionär erfolgen: in Typografie, Formensprache oder Mediennutzung – nicht disruptiv im Markenkern.

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Was uns von anderen Beratungen unterscheidet.

EP-Businessconsult begleitet Unternehmen und Konzerne bei der Entwicklung langfristig tragfähiger digitaler Marketingstrategien. Wir analysieren bestehende Markenframes, Zielgruppenstrukturen und Marktmechanismen im Detail und entwickeln darauf aufbauend konsistente Funnel-, Content- und Automatisierungsstrategien.

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Denn alles hängt miteinander zusammen.

ÜBER DIE AUTORIN

Nina Bednarz (M.A.) Sociologist | Businessconsultant | Digital Expert

Nina Bednarz (M.A) | Sociologist | Businessconsultant | Digital Expert

Nina Bednarz ist studierte Kommunikationswissenschaftlerin und Soziologin. 2014 gründete sie ihr erstes E-Commerce-Unternehmen über Social Media und entwickelte ihre Marke zu einem sechsstelligen Unternehmen im DACH-Raum. Heute unterstützt sie Unternehmen dabei, digitale Marketingstrategien zu optimieren, Verkaufspsychologie gezielt einzusetzen und interne Strukturen effizient zu gestalten. Sie schreibt gerne. Und deswegen gibt es diesen Blog. 

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